ELEMENTE - Ausstellung In Ehingen Bis 18.02.2024

*ZEITLOS* LETZTE Ausstellung Ricki Scopes Von 19.11. bis 17.12.23. Vernissage So.19.11. 11:30 Uhr. Laudatio Ingeborg Maria Buck M.A., Musik Albe Mayer Mikosch & Franky Barth Guitar n Vocals

Clear Vision, Malerei Tony Blackwell & Ricki Scopes, Finissage So. 29.10.23 um 11:30, Musik Gerard Joye

Ausstellung in der Fähre Bad Saulgau, Vernissage am 08.07. 18 uhr
Ausstellung in der Fähre Bad Saulgau, Vernissage am 08.07. 18 uhr
Ausstellung in der Fähre Bad Saulgau

GUDRUN VOGEL Malerei, Mischtechnik, ENZO SORAVIA Holz Skulptur

Laudatio „Gewachsene Geschichten“ am 3.7. in der Galerie Scopes


Gudrun und Enzo stellen in Rickis schöner Galerie aus und der Käfer macht Musik – das allein wären für mich schon Gründe genug gewesen, nach Riedlingen zur Vernissage zu kommen, um Kunst zu genießen und liebe Menschen wiederzusehen, die ich in meiner Riedlinger Zeit habe kennenlernen dürfen. Aber dann bat mich Gudrun auch noch, die Laudatio für sie und Enzo zu halten. Ein dritter Grund, anzureisen. Eine Laudatio halten - so etwas habe ich zwar noch nie gemacht, daher bin ich ehrlich gesagt schon ein wenig aufgeregt, aber ich fühle mich auch ein bisschen geehrt. Und irgendwann ist immer das erste Mal. Also habe ich mich hingesetzt und ein paar Gedanken zu Gudrun und Enzo als Menschen und Künstler aufgeschrieben.

Gewachsene Geschichten“ heißt die Schau, die wir heute eröffnen. Die Exponate von Gudrun und Enzo erzählen beziehungsweise zeugen von Geschichten, die im Leben der beiden gewachsen sind. Beide betätigen sich schon seit Jahrzehnten künstlerisch. Enzo schafft mit Stechbeutel und Hammer ganz wunderbare Holzskulpturen. Gudrun mäandert genussvoll durch Techniken und Ideen. Gemäß dem Grundsatz Ladies First werde ich zunächst auf sie und ihr Werk eingehen. Die Zuhörer mögen dies aber bitte nicht als Wertung verstehen. Wir haben es hier mit zwei großartigen Künstlern zu tun.

Doch nun zu Gudrun. Meine Freundin wurde 1951 in Reutlingen geboren und ist in Holzelfingen, unweit von Schloss Lichtenstein aufgewachsen. Von 1988 bis 2018 hat sie in und um Riedlingen gelebt und gearbeitet – 30 Jahre lang. Gestalterische Grundlagen hat sie sich Anfang der 1980er-Jahre im Rahmen ihrer Ausbildung zur Ergotherapeutin angeeignet und sie bis 2016 in ihrem Beruf eingesetzt. Zuletzt hatte sie eine eigene Praxis an der Hindenburgstraße, die sie 2016 zum Eintritt in die Rente verkaufte. Von 1991 bis zu ihrem Umzug nach Bad Cannstatt war sie Mitglied im Riedlinger Kunstkreis 84 und kurze Zeit auch im Kunstverein Bad Saulgau. Außerdem nahm sie als Autodidaktin an etlichen Seminaren Teil – unter anderem von Ruth Dietrich oder Simone Schulz.

Nach Ende ihres Berufslebens startete sie nochmals richtig durch und widmete sich ihre neu gewonnene Freizeit ganz dem künstlerischen Schaffen. Unter anderem begann sie zu schreiben – zunächst ein Porträt der Riedlinger Künstlerin Gerda Sorger, mit der sie bis zu deren Tod im April des vergangenen Jahres eine enge Freundschaft verband. Außerdem machte Gudrun Theater – und wie: Erst setzte sie sich seit 2014 für die Erstaufführung des Theaterspaziergangs „Kleine Stadt- Große Welt“ unter Regie des Melchinger Lindenhof-Theaters ein. Dann wirkte sie 2017 gleich dreifach mit - als Projektleiterin, Regieassistentin und blaue Gästeführerin.

Nach dem Umzug drückte Gudrun nochmals die Schulbank und studierte an der freien Kunsthochschule Stuttgart. Voriges Jahr bekam sie ihr Diplom. Sie ist auch Mitglied im Schriftstellerhaus Stuttgart und hat im vorigen Jahr eine Geschichte mit eigenen Illustrationen veröffentlicht. Sie handelt von der besonderen Liebe zweier doch recht unterschiedlicher Tiere zueinander und Gudrun wird später daraus lesen. Zum wievielten Mal Gudrun heute ausstellt, kann ich nicht genau sagen. Schließlich hat sie seit 1994 an zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen teilgenommen. In Riedlingen unter anderem im Kaplaneihaus, in der Volksbank und in Rickis Galerie, wo sie heute Malerei und Fotografien zeigt, in die sie analoge Zeichnungen eingefügt hat. Die Fotografien sind in ihren letzten beiden Riedlinger Jahren beim Wandern und Spazieren entstanden und somit eine Erinnerung an diese Zeit in der ehemaligen Heimat.

Für Gudrun ist künstlerische Arbeit in erster Linie die Auseinandersetzung mit einem Thema. Dabei ist es ihr wichtig, sich auf kein bestimmtes Genre, auf keine bestimmte Technik festzulegen. Erst die freie Auswahl der gestalterischen Mittel wie Malerei, Zeichnung, Fotografie, Collage, Assemblage oder Video bieten ihr die Möglichkeit, der Komplexität des Lebens Ausdruck zu verleihen. Auch Schrift uns Sprache sind seit Jahrzehnten Bestandteil ihrer Bildgestaltung. Gudruns Themen ergeben sich aus ihrem kontinuierlichen Fragen nach dem Woher und Wohin. Sie erwachsen aus dem Zeitgeschehen oder aus dem Bedürfnis, eine Zeitlang in die Welt der Fantasie abzutauchen.

Was sie mit Enzo verbindet: Am Anfang ist da keine fertige Vorstellung. Die Arbeiten entwickeln sich aus sich heraus und nehmen beim Schaffensprozess Gestalt an. Erst im zweiten Schritt tritt Gudrun zurück, gewinnt Abstand und fragt nach Komposition und Wirkung.

Auch Enzos Kunstwerke, fantastische Skulpturen aus Holz, wachsen aus sich heraus, ohne dass er vorher weiß, was daraus entstehen wird. Doch anders als Gudrun sucht er sich nicht Teile zusammen. Seine Skulpturen entstehen aus einem einzigen Stück des immer gleichen Materials, dem Holz. Nur hinsichtlich der Baumart des verwendeten Holzes ist er flexibel. Möglichst hart soll es halt sein. Zusammengeklebt ist bei seinen 40 Zentimeter bis 90 Zentimeter hohen Plastiken nichts.

Wie Gudrun, so hat auch Enzo einen Bezug zu Reutlingen. Enzo ist dort als Sohn einer Schwäbin und eines Italieners aufgewachsen. Sein Vater betrieb in Reutlingen einen Eissalon. Denn Soravias stammen aus einer Eismacher-Dynastie, die ihren Ursprung in einem Dorf in den Dolomiten hat. Soravia-Eisdielen findet man heute in ganz Deutschland und irgendwie sind deren Betreiber alle mit Enzo verwandt. Wenn es nach seinem Vater gegangen wäre, hätte Enzo die Reutlinger Eisdiele übernehmen sollen. Doch der Vater, der in seiner Freizeit auch Skulpturen erstellte, vererbte Enzo sein kreatives Talent, sodass der Sohn, Enzo, nach seiner Schreinerlehre, bei der er seine Liebe zum Holz entdeckte, einen künstlerischen Beruf ergriff.

Er wurde Holztechniker und machte sich als Modellbauer für Innenarchitektur selbstständig. Zunächst mit einem Atelier in Tübingen, dann in Gönningen bei Reutlingen. Bei dieser durchaus künstlerischen Tätigkeit kann man nicht einfach machen was man will. Man ist abhängig vom Architekten mit seinen klaren, eindeutigen und strengen Vorgaben auf den Millimeter genau. Enzos Kunst als Modellbauer bestand darin, die künstlerischen Ideen eines anderen, nämlich die des Architekten, in einem maßstabgetreuen Modell, das aus Styropor, Gips, Plexiglas, Holz oder Metall sein konnte, genau darzustellen.

Zu diesem streng durchgeplanten künstlerischen Berufsleben suchte Enzo einen Ausgleich. Er fand ihn vor mehr als 45 Jahren im Schaffen von wundervollen Holzskulpturen, die er aus Baumstämmen, die er im Wald findet oder geschenkt bekommt, herausarbeitet. „Am Anfang weiß ich nicht, was oder wer mich da im Inneren des Stamms erwartet“, erzählte mir Enzo als ich ihm vor seiner ersten Ausstellung, die er vor einigen Jahren zu Hause bei sich in Heiligkreuztal zeigte, im Atelier besuchen durfte, um eine Ankündigung für die Zeitung zu schreiben.

Er plane nichts und lasse seiner Hand bei seiner künstlerischen Arbeit ganz freien Lauf: Sein Vorgehen erläuterte er mir in etwa so: Er nehme sich ein Stück Holz und entferne mit Stechbeutel und Hammer außen alles, was schlecht oder morsch ist. Je weitere er sich dann in das Innere des Stammes vorarbeite, desto genauer erkenne er, was sich daran verbirgt, wer darin steckt, welche Geschichte im Baumstamm gewachsen ist. Viele verschiedene Formen und Bilder hat er schon im Holz entdeckt, das er als Material schätzt, weil es lebendig ist. Mit der Maserung treten Muster ans Licht oder Gestalten – das können menschliche Gesichter sein, Vögel oder freie Formen. Mit der Zeit erkenne er Details im Stamm und arbeite sie dann gezielt heraus. Er enthüllt quasi Überraschungsgeschichten, die im Baum gewachsen sind und darauf warten, von Enzo freigelegt zu werden – sehr zur Freude des Betrachters.

In erster Linie sieht sich Enzo bescheiden als Handwerker, als Künstler erst in zweiter Linie. Auch sind ihm die Ergebnisse seiner Arbeit nicht so wichtig, daher kann er seine fertigen Skulpturen gut abgeben. Er hortet sie nicht. Was ihm am Herzen liegt, weil es ihn zur Ruhe kommen lässt und Freude bereitet, ist die künstlerische Arbeit selbst. Unter Zeitdruck setzt er sich beim Arbeiten nicht. Manchmal dauert es Jahre bis eine Skulptur fertig ist, weil er sie zwischendrin liegen lässt. Neben den fantasievollen Formen, die Enzo da durch einen geschulten Blick, den nur jemand mit Liebe zu und Wissen über Holz haben kann, sichtbar werden lässt, bestechen seine Plastiken auch durch ihre glatt geschliffenen Oberflächen, in denen sich die Maserung zeigt, die bei jedem Stamm unterschiedlich ist. Damit sie noch besser zur Geltung kommt, befeuert sie Enzo in einem letzten Schritt mit Bienenwachs. Mit 79 Jahren stellt Enzo heute bei Ricki erst zum zweiten Mal öffentlich aus. Aber hoffentlich nicht zum letzten Mal.

Gudrun und Enzo, ich wünsche Euch weiterhin noch viel Freude an Euerem künstlerischen Schaffen und gute Resonanz auf die Ausstellung in Rickis kleiner, aber feiner Galerie.




Mai / JUNI Ricki Scopes Malerei und Objekte

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